Kanaren im Januar

ivent sailing
2071-02-21 22:10:00 / Törnberichte / Kommentare 0
Kanaren im Januar -

Die „Mona Lisa“ liegt erwartungsvoll im Hafen von Puerto Mogan. Skipper Christoph erwartet seine Gäste. Ein großes Taxi kommt und die Crew ist komplett. Die Kojen werden belegt, die Segelsachen in der gut ausgestatteten Bavaria 46 Cruiser verstaut. Schnell ist der Einkauf gebunkert. Der Abend klingt bei einem gemeinsamen Abendessen bei „Jack Negro“ aus. Als kanarische Spezialität gibt es die kleinen Kartoffeln mit Mojo Sauce, Scampi in Öl, Kaninchen vom Grill oder Seezunge. Ein kulinarisches Feuerwerk ergießt sich der Crew. Auf dem Weg in den Hafen kommen die Segler an einer Bar vorbei, der Chef singt aus vollem Halse spanische Lieder, begleitet von seiner Gitarre. Tolle Stimmung lädt zum Verweilen ein, und für einen Spaß sind Segler immer zu haben. 

Unser erster Segeltag. Der Skipper hat eine moderate Strecke geplant, nur von Puerto Mogan nach Las Palmas. Das Schiff ist super vorbereitet, das Wetter stimmt! Es ist der 16. Januar, Sonne und 24 Grad lassen das Sommergefühl aufleben. Die "Mona Lisa" schneidet elegant die Welle, sie ist in ihrem Element. Die gerefften Segel geben dem Schiff den nötigen Vortrieb. Unsere Fahrt geht vorbei an den Dünen von Mas Palomas, am Flughafen von Gran Canaria zur Inselhauptstadt.  Um halb zehn erreichen wir geleitet von einem Leuchtturm den Yachthafen von Las Palmas. Wir essen an Bord zu Abend. Ein Spaziergang zeigt uns Segelyachten aus verschiedenen Ländern. 

Den Morgen genießen wir mit einer ausgiebigen Dusche und einem umfangreichen Frühstück an Bord. Wir lassen den Hafen von Las Palmas hinter uns. Reger Schiffsverkehr ist zu beobachten, auf Reede warten einige Schiffen vor Anker. Der Wind trägt uns mit 5 Windstärken direkt nach Fuerte Ventura.  Unser Ziel ist die Hauptstadt Puerto Rosaio. Auf der Karte sind es mehr als 110 Meilen von Gran Canaria bis zum Zielhafen.  Das bedeutet Nachtsegeln – für einige Crewmitglieder eine neue Erfahrung. Hinter der Südspitze von Fuerte Ventura setzt, der Wind wieder ein, wir segeln. Die Wachen werden eingeteilt. Um 6:00 Uhr erreichen wir noch bei Dunkelheit den Zielhafen. Leider ist der Hafen belegt und man lässt uns nicht anlegen. Wir müssen zurück. Zur Entschädigung bekommen wir einen grandiosen Sonnenaufgang. Der Horizont leuchtet golden, wird dann stahlblau und ein herrlicher Sonnenball erscheint. Bald sind wir in Puerto Castillo auf Fuerte Ventura im Hafen fest, einem kleinen gemütlichen Hafen. Wir treffen auf Canadier, Engländer, Russen und auch Deutsche. Heute ist Badetag und Sightseeing. 
 

Am dritten Segeltag kreuzen wir bei leichten Winden zur „Marina Rubicon“ auf Lanzarote. Mit 4 Knoten gleitet unsere „Mona Lisa“ durch das blaue Wasser. Im Hafen sahen wir den Meeresgrund, hier ist das Wasser herrlich klar und die Sonne spiegelt sich glitzernd in den Wellen. Die Insel La Graziosa ist eine Wüsteninsel. Zum Baden lädt ein endlos langer Sandstrand ein. Die Häuser sind sehr einfach im afrikanischen Stil gebaut. Weiße Mauern, einige mit blauen Fenstern, einige mit grünen. Das Zentrum bildet der Hafen, ringsherum einige Bars und Geschäfte. Wir finden auch einen Bäcker und es gibt leckeren Kuchen. 

Wir bereiten uns auf den längsten Törn Abschnitt vor. Der Reiseplan sieht vor, von Isla Graciosa nach La Palma zu segeln. Das sollte bei den vorherrschenden Winden kein Problem sein. Normalerweise weht der Nordost-Passat, nur an diesem Tag leider nicht. Wir verlassen den Hafen, winden uns an Riffen vorbei auf den Atlantik und setzen die Segel. Das Barometer ist gefallen und es fällt stetig weiter. Der Wind kommt nun aus Süd! Das ist Segeln. Die Mona Lisa zeigt all ihr Können, wir laufen mit raumem Wind mehr als 7 Koten. Wir sind auf dem Atlantik,, dreitausend Meter bis zum Grund.  Wir stellen fest, es gibt 3 verschiedene Arten von Wind: zu wenig Wind, zu viel Wind und Wind aus der falschen Richtung. Die Mona Lisa segelt hart am Wind. Der Mehrtagestörn hat etwas Elementares. Wind und Wellen sensibilisieren unseren Respekt vor der Natur. In unserer technisierten Welt, behütet in zentralgeheizten Wohnzimmern, vergessen wir dies manchmal. Der Wind kommt direkt aus der Richtung, wo wir hinwollen. Der Skipper ändert den Kurs nach Tenerife. Die Yacht fährt hart am Wind mit gerefften Segeln.  Die Hafeneinfahrt ist gut ausgeleuchtet. Nach 148 Meilen und 2 Tagen auf See machen wir glücklich in Santa Cruz fest. Es gibt „Chili con Carne“. 

Der Sonntag erwacht. In Santa Cruz auf Tenerife geht die Sonne auf. Wir starten nach La Gomera.  Auf der Überfahrt sichten wir Wale und Delfine. Die Meeressäuger tummeln sich hier ohne Angst vor Segelschiffen. Majestätisch ziehen sie ihre Bahn, schnauben beeindruckend beim Atmen. 

In San Sebastian gibt es viele Geschäfte und Restaurants. Abends kehren wir bei EL NINO ein. Der Wind bläst in Sturmstärke. Der Wetterbericht sagte ein Tief mit einem gefährlichen Trog über Gran Canaria voraus. Jeder erfahrene Skipper weiß, bei einem Trog läuft man zügig einen sicheren Hafen an. Wir waren schon im sicheren Hafen, also blieben wir. Der unfreiwillige Hafentag wurde ein herrlicher Tag auf La Gomera. Die Insel ist wunderschön. Wanderwege durchziehen die grüne Landschaft. Große Pinien stehen neben Palmen. Zeugen der Vergangenheit, die Terrassenfelder, sind weithin sichtbar. Gigantische Wasserfälle stürzen sich in die Tiefe. Der Ozean umspült mit ungeheurer Kraft die Ufer. Die Brandung tost. 

Unser abendliches Ziel ist Valle Gran Rey. An dem Südstrand taucht die Sonne in das Meer, begleitet von Trommlern und Feuerspuckern. Die Stimmung auf der Insel ist friedlich, Urlauber und Einheimische sind auf dem Weg der Selbstfindung. Der Unwetter-Trog ist verschwunden. Mittwoch geht es nach El Hierro, der siebenten Insel. Der starke Westwind dauert an. Wir setzen die ds Großsegel im 3. Reff. Die Genua haben wir durch eine Arbeitsfock ersetzt.  El Hierro, wir kommen! Der Wind nimmt weiter zu und wir holen das Großsegel komplett ein. Der Wind dreht und kommt jetzt kommt er genau von vorn. Wir ändern den Kurs auf Tenerife, Marina Las Galletas. Die Crew bedauert, El Hierro nicht besuchen zu können. Wind und Wetter bestimmen bei einer Segelreise die Reise.  Der Windmesser von 28 auf 36 Knoten. Kein Wetterbericht hatte den Sturm angekündigt. Wir reduzieren die Fock weiter. Ein Bettlaken wäre nicht größer. Die Kraft des Windes beschleunigt die Mona Lisa auf 8 Knoten. Die Gischt umhüllt das Schiff, wir erleben die Gewalten des Meeres. Von Luv rollt eine weitere Wolkenformation mit lang gedrehten zigarrenförmigen Wolken auf uns zu. Schnell noch mal die Segel reffen. Nur noch ein Badehandtuch treibt uns an. Von Luv wälzt sich ein tief dunkler Strich über die tosende See. Auf dem Windmesser stehen 42 Knoten. Bei Windstärke 9 türmen sich die Wellen haushoch auf. Der Skipper schickt die Crew in die Messe, alle Schotten werden verschlossen. Er und ein erfahrenes Crewmitglied bewältigen den Sturm allein im Cockpit. Regen kommt dazu. Die Mona Lisa reitet die 6 m hohen Wellen ab. In diesen Momenten spüren wir die elementare Kraft der Natur. Die Erfahrung des Skippers und schnelles Handeln der Mannschaft beim Auftauchen der Böenfront bewältigen die Situation souverän.

Wir machen im Hafen von Las Galletas fest. Erleichterung steht auf den Gesichtern der Crew. Viele hatten einen solchen Sturm noch nicht auf See erlebt. Der Hafen von Las Galletas hat eine kleine Stadt im Hintergrund. Entlang der Strandpromonade schlängeln sich Restaurants. Im „Atlantico“ bestellen wir Paella. Unsere Zeit auf der „Mona Lisa“ neigt sich dem Ende entgegen. Am letten Tag steuern wir hart am Wind Gran Canaria entgegen. Die Stimmung an Bord bestens. Jeder steht einmal am Ruder und steuert die „Mona Lisa“ dem Heimathafen entgegen. Die Sonne geht unter. Unsere Positionslichter werden gezündet. Am Horizont machen wir ein großes viereckiges Licht aus. Die Landmarke ist ein riesiger Hotelkomplex nahe Puerto de Mogan. Doch danke dafür, so haben wir schon lange vor dem Leuchtfeuer eine gute Peilmarke. Wir legen in Puerto de Mogán an. Die Crew hat in den zwei Wochen viel erlebt. Es tut der guten Stimmung keinen Abbruch, dass wir nicht alle Inseln geschafft haben. Außerdem können wir ja am Freitag noch einen kleinen Törn vor die Dünen von Mas Palomas machen. Bei dem traditionellen Anleger wird über das Erlebte gesprochen. Emotionen bahnen sich den Weg. Wir kommen wieder.

Bereitgestellt von Ch. Lorenz